Amraser Matschgerer – Wie es früher war

WIE WAR ES FRÜHER . . .

Erinnerungen von Hans Zimmermann (1932 – 2020) aufgezeichnet von Sigrid Zimmermann

Bald nach Ende des 2. Weltkrieges begannen ein paar unentwegte ältere Burschen aus Amras den Brauch des Matschgerwesens wieder aufleben zu lassen. Da waren wir „Jungen“ noch nicht dabei. Unsere Zeit begann Ende der 1940 bis Anfang der 1950 Jahre und führte zu einer regen Matschgertätigkeit. In dieser Zeit gab es noch nicht so viele andere Unterhaltungsmöglichkeiten. Bei den Auftritten waren besonders die Gasthöfe Kapeller, Bierwirt und Seewirt gerammelt voll. Aber auch die Stuben von sogenannten Matschgerhäusern waren übervoll von Besuchern. Matschgerhäuser waren die oben genannten Gasthäuser sowie der Schienerhof, der Schöberl- und Stecherhof, der Kiefinger- und der Burglerhof u.v.m. Es war schon ein großes Entgegenkommen der genannten Häuser, die Matschger in ihr Haus einzuladen. Zum Unterschied von heute war das sogenannte „Schiane gian“ früher nur zum Faschingsbeginn, am 57. Jahrgang,  Unsinnigen Donnerstag und am letzten Sonntag vor dem Aschermittwoch der Brauch. An allen anderen Matschgertagen wurden verschiedene Aufführungen gemacht. Hier seien ein paar Beispiele erwähnt: Die Matschger waren als Schulkinder verkleidet und mit Schultaschen ausgestattet, jeder brachte eine lustige Kurzgeschichte dar. Oder die Matschger waren als Handwerker verkleidet, z. B. waren Spengler dabei, die kräftig auf Blech trommelten oder als Waldarbeiter, die ein mitgebrachtes Holzstück mit den Hacken bearbeiteten, dass die Späne nur so flogen. Beispielsweise gab es auch einen Sägenschärfer, der das bearbeitete Sägeblatt mit der Feile so zum Quietschen brachte, dass es in den Ohren schmerzte. Ich war einmal als Schneider dabei. Beim Kapellerwirt war das kleine Stüberl zwischen Schank und Gastraum als Garderobe genützt. Während die einen tanzten, habe ich bei mehreren Mänteln die Ärmel zugenäht. Praktisch alle Jahre wurde von den Matschgerern eine Zirkusvorführung geboten. Zirkusdirektor war immer der Lener Hans. Clowns, Dompteure, die mit verschiedenen Tieren aus Holz, Plüsch oder anderen Materialien hantierten, Seiltänzerinnen und Jongleure – alle waren Männer.  

Der Pircher Hans (Vater des heutigen Hans Wieser-Pircher) war einer der Verlässlichsten und immer dem Zweck entsprechend verkleidet. Bei einer Zirkusvorführung war Hans ein Flamingo. Dazu hatte er eine enge Unterwäsche an und diese und andere Körperteile wie Gesicht, Arme und Beine wurden mit Roggenpapp bestrichen. Dann wälzte sich der Hans in einem alten Federbett. Der Roggenpapp wird ja in kurzer Zeit hart und es gab Probleme mit der Gesichtsmimik, wie man sich vorstellen kann. Auch das Zeug wieder loszuwerden war sicher nicht ganz einfach. An jedem Montagnachmittag trafen wir uns im Kuhstall beim Kapeller (Stall und Stadel standen da, wo heute der Parkplatz ist). Dort waren ein alter Diwan und eine Holzbank, da wurde besprochen, was am nächsten Matschgertag gemacht werden sollte. Der Lener Hans war meistens der Ideengeber und Wortführer, aber auch der Ullmann Hans hatte sehr oft gute Vorschläge. Brugger Luis in seinem Element Erinnerungen an alte Zeiten. Die Amraser Matschger besuchten öfters die Gemeinden Aldrans und Sistrans, ich selber konnte da leider nie dabei sein, weil wir ja selber noch eine Landwirtschaft führten. Die Matschger gingen damals bereits um 18 Uhr zu Fuß los und da war bei uns natürlich die tallarbeit zu erledigen. Bei einem Auftritt in Sistrans gab es einen schmerzlichen Vorfall – leider kann ich heute nicht mehr sagen, wer das war (ich würde auch keinen Namen nennen, wenn ich es noch wüsste). Jedenfalls hatte sich dieser besagte Matschger wohl unter erheblichem Alkoholeinfluss auf eine heiße Herdplatte gesetzt. Nicht nur die Hose war total verbrannt, es gab auch an anderer Stelle einen erheblichen Gewebeschaden, wie man sich vorstellen kann. Schmerz, Hohn und Spott war dem Armen für lange Zeit sicher. Die Matschger hatten bei ihren Auftritten auch damals immer einen Ziachorgelspieler mit, der zum Tanz aufspielte. Meistens war der Hofer Rudl (Nagiller Rudolf) mit dabei. In den Gasthäusern spendierten die Wirte den Matschgern Bier, in den Bauernhäusern wurde ausschließlich Schnaps angeboten. Natürlichtrank manchmal auch einer zu viel Schnaps, Streitigkeiten waren die Folge. Auch die „Loatgoaßl“ gehörte zum Fasching. Wenn es wieder einmal richtig und taktmäßig knallte, war die DREI HANS PARTIE am Werk. Die drei mit demselben Vornamen waren der Weigl Hans, der Rieß Hans und meine Wenigkeit. Am Faschingsdienstag wurde das sogenannte Faschingseingraben begangen. Die Matschger waren als Trauergäste verkleidet. Zum Unterschied von heute lag jedoch eine Puppe auf der Trage, die den Fasching darstellen sollte. Diese wurde dann durch die Stuben der Matschgerhäuser getragen. Wie auch heute noch der Brauch, wurde der Trauerzug von einer Gruppe Musikanten der Musikkapelle Amras begleitet und mit Trauermusik musikalisch umrahmt. Nach dieser Vorstellung wurde noch einmal getanzt und gelacht und damit die Faschingszeit offiziell beendet.